Freitag, 6. Mai 2011

Verzerrte Wettbewerbung

(teo) Am 33. Spieltag der Fußball-Bundesliga hat die Fan-Initiative "Pro 15.30" endlich ihr Ziel erreicht. Hat ja auch lange genug gedauert. Alle Spiele, alle Tore, alles live am Samstag um 15.30 Uhr. Kein Freitag, kein Sonntag. Ein Tag, eine Zeit, alle Entscheidungen sind um 17.17 Uhr sofort in der Tabelle sichtbar. Kein banges Warten mehr, wie irgendwelche dahergelaufenen Klubs irgendwann vielleicht noch mal spielen. Endlich haben wir die Mutter aller Anstoßzeiten zurück. Samstag, 15.30 Uhr. Wie es sich gehört. Hat ja auch lange genug gedauert. Könnte aber auch daran liegen, dass die letzten beiden Spieltage traditionell schon seit Jahren nach dem Modus der Väter ausgetragen werden. Damit Wettbewerbsverzerrungen und taktisches Geplänkel auf den Plätzen ausbleiben. Und der Verkauf von Handradios und Internet-Handys endlich wieder anzieht.

Um Wettbewerbsverzerrungen wirklich wirksam auszuschließen, müsste Schalke in der Spielzeit 2010/2011 eigentlich vom Spielbetrieb in der Bundesliga ausgeschlossen werden. Der FC Bocklos 04 fällt nach dem Aus in der Champagner-Liga nun wieder in das schlimme Loch des Ligabetriebs. Und dann kommt ausgerechnet der wuselige 1. FSV Mainz 05 in die Pilsbier-Arena nach Gelsenkirchen. Diese Elf der Dauerläufer und Flinkkombinierer! Ein winziges Pünktchen brauchen die Rheinhessen noch, um den größten Erfolg der Vereinsgeschichte unters Dach der Arena zu bringen. Denn es gibt sie ja, diese Vereine, die sich auf diesen unbeliebten Cup der Verlierer freuen wie Bolle. Wie auch auf das Bundesligaspiel bei den Knappen. Was Wunder: Gibt ja derzeit kaum ein leichteres Spiel als gegen Königsblau - Heimspiele gegen den 1.FC Köln vielleicht mal ausgenommen. Phlegma 04 - Mainz 05 0:3.

Um Wettbewerbsverzerrungen wirklich wirksam auszuschließen, müsste Dortmund eigentlich für die letzten beiden Spiele vom Ligabetrieb suspendiert werden. Anhand eines handelsüblichen Alco-Tests wäre das leicht zu bewerkstelligen. Wenn der Meister aus der ehemaligen Bierstadt nach Bremen reist, darf man nur hoffen, dass beim Meister wenigstens der Busfahrer mal einen Tag Pause gemacht hat. Werder braucht noch ein paar Pünktchen, um endgültig sicher zu sein. Einer wäre ganz schön, drei würden den Klassenerhalt definitiv vorzeitig sichern. Ohne Wenn und Aber. Der BVB will noch ein paar Rekorde einfahren, aber mit welcher Betriebsamkeit? Steht in den Sternen. Werder - BVB 2:1.

Bayer 04 Vizekusen hat sein Saisonziel längst erreicht, spielt also nur noch für die Galerie der ewigen Zweiten. Gut möglich, dass die Werkself nun aber völlig losgelöst und endlich mal wieder begeisternd auftrumpft. Wie gut, dass es dabei im Trainingskick gegen den HSV geht. Die Hamburger haben alle Saisonziele längst verpasst, spielen also nur noch für die Galerie der Mannschaften, die eigentlich untrainierbar sind. Michael Oenning, der neue Chefcoach der Hanseaten, wird aber weiter an dieser seltsamen Mannschaft rumfuhrwerken, die im grauen Mittelfeld mit trübem Blick vor sich hinvegetiert. Aber die neue Saison startet definitiv erst im August. Bayer - HSV 4:1.

Für Wettbewerbsverzerrungen haben sie in Stuttgart gar keinen Sinn. 6:0 gegen Bremen, 7:0 gegen Gladbach, 1:4 in Leverkusen, 1:4 in Freiburg und 3:5 in München - manchmal stimmte einfach der Biorhythmus der Schwaben nicht. Das Drei-Trainer-Team kickt gegen Hannover 96, das sich seit dem letzten Spieltag 30 Tore und zwei Punkte hinter den Bayern wieder ordnungsgemäß auf dem vierten Platz einsortiert hat. Sieht aber immer noch komisch aus, Hannover im oberen Drittel. Aber die Teilnahme an der kleinen Gelddruckliga steht fest, da gibt's längst nix mehr zu rütteln. Da tut auch die zweite Schlappe in Folge nichts mehr zur Sache: VfB - 96 1:0.

Der VfL Wolfsburg ist für Wettbewerbsverzerrungen nicht zu haben! Seit dem 1:0-Kantersieg in Bremen hat der Deutsche Meister von 2009 alles im Griff. Satte drei Punkte und 13 Tore liegen die Zonenrandgebietler vor einem Abstiegsplatz - und sichere acht Tore und einen Punkt vor dem Relegationsplatz. Was soll da noch anbrennen? Zumal am Samstag der inzwischen seltsamerweise gerettete 1. FC Kaiserslautern in die Autostadt tuckert. Wird bestimmt prickelnd. VW - FCK 1:0.

Wettbewerbsverzerrungen? Für den 1.FC Köln ein Fremdwort. Schließlich sind die Geißböcke extrem beständig, wenn auswärts gegen die Murmel getreten wird. Nach dem mysteriösen 2:0-Heimsieg gegen Leverkusen kann der FC mit einem Sieg in Frankfurt den Klassenerhalt endgültig sicherstellen. Um Wettbewerbsverzerrungen wirklich wirksam auszuschließen, müsste Köln aber in dieser Saison eigentlich von Auswärtsspielen ausgeschlossen werden. Satte sechs Punkte hat der FC in sechzehn Spielen eingefahren. Definitiv eine Bilanz, die sich sehen lassen kann. Unter Absteigern.

Aber in Frankfurt rätseln sie ja selbst, wie die stolze Eintracht überhaupt in diese komische Region unterhalb von Platz 15 geraten konnte. Deshalb wurde eigens der Magier Christoph Daum verpflichtet. Der die Kölsche Seele ja bestens kennt. Die hessische wohl eher nicht. Zwei Punkte und fünf Tore beträgt der Vorsprung vor dem ersten Abstiegsrang, Frankfurt fällt seit Wochen wie ein Gullydeckel Richtung 2. Liga. Aber kann gegen Köln zu Hause überhaupt etwas anbrennen? Gute Frage, nächste Frage: Wer soll denn für Frankfurt das Tor schießen? Eben. Eintracht - Köln 0:0.

Der VfL 1900 Borussia Mönchengladbach ist das genaue Gegenteil von Wettbewerbsverzerrungen. In einer Saison ohne Höhen (6:3 in Leverkusen, 4:0 in Köln, 1:0 gegen Dortmund, 1:0 in Hannover, 1:0 in Nürnberg und 5:1 gegen, nunja, Köln) und nennenswerte Tiefen (2:3 gegen Stuttgart, 0:4 gegen Frankfurt, 1:2 gegen St. Pauli, 0:1 gegen Kaiserslautern und 0:7 in Stuttgart) hat sich Gladbach jetzt eingespielt. Dumm, dass nur noch sechs Punkte zu holen sind. Und es aller Wahrscheinlichkeit nicht mehr zu einem ausgeglichenen Torverhältnis (-19) reichen wird. Aber der Klassenerhalt tut es ja auch. Auch wenn Papiss Demba Cissè zum zweitletzten Mal das Trikot des SC Freiburg überstreift und wohl immer noch auf die Torjägerkanone schielt: für die anderen zehn Schwarzwälder geht es nicht mal mehr um eine vergoldete Südfrucht. Und für Cissè ist ja in Gladbach eigens wieder Dante fitgeknetet worden. Aber einen macht der Cissè ja eigentlich immer. Gladbach - Freiburg 2:1.

Der 1.FC Nürnberg trauert. Gündogan, Ekici, Schieber - alle noch da, aber alle bald weg. Das Offensiv-Trio, das den Franken unerwartet früh einen unerwartet hohen Tabellenplatz sicherte, wird in der nächsten Saison andere Vereinswappen küssen. Wie es dann weitergehen soll, weiß an der Noris wohl niemand. Mitten in diese Überlegungen platzt die TSG 1899 Hoffenheim, die sich schon auf das Kiez-Duo Stanislawski/Trulsen freut. Aber erst in der nächsten Sasion. Geht-um-nix gegen Geht-um-nix. Wettbewerbsverzerrung? Wie denn, bei der Tabellenlage? Nürnberg - 1899 3:0.

Wettbewerbsverzerrung auf St. Pauli? Höchstens, wenn es auf dem Kiez um die Preise fürs Herrengedeck geht. Die Freibeuter der Liga haben eine Träne in jedem Knopfloch. Abstieg, Trainergespann weg, die halbe Mannschaft hat den Trolley schon in der Hand. Doch das letzte Heimspiel in der 1. Liga wird nochmal zum Feiertag. Der FC Bayern kommt. Früher wurden in der Woche davor die T-Shirt-Druckmaschinen angeworfen. Heute nicht mehr. Die Stimmung wird trotzdem großartig, das Millerntor wird sich da sicher nicht lumpen lassen. Stanis letztes Heimspiel, zum letzten Mal in der Liga der Großen und dann auch noch ein letztes Mal gegen den Größten: den ehemaligen Rekordmeister und ehemaligen Rekordpokalsieger und ehemaligen Europapokal-Gewinner aus der Stadt der Reichen und Schönen. Zudem will Mario Gomez wohl unbedingt diese Skulptur einer altertümlichen Großwaffe haben und der FC Bayern den Quali-Platz für die Champagner-Liga sichern. Nichts leichter als das. Leider. Pauli - Bayern 0:3.

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