Freitag, 30. März 2012

Nicht mehr müssen müssen

Fußball ganz ohne Druck:
nicht mehr müssen müssen.


(Handy-Fotto (c): Thomas Ottensmann)
(teo) Am 28. Spieltag der Fußball-Bundesliga spielt der deutsche Meister (nur der BVB!) außer Konkurrenz. Und die Konkurrenz auch. Völlig losgelöst von allen lästigen Wettbewerbszwängen kann die gesamte Riege der Elite-Liga frei aufspielen. Ein Novum in der 49. Saison der stärksten Liga der Welt! Der Fachmann reibt sich darob die roten Augen. Und der Laie wundert sich. Könnte unter anderem daran liegen, dass die Aufhebung von Leistungsdruck und Versagensstress - und mithin aller handelsüblichen Sorgen, Ängste und Nöte - durch ein einziges Zitat des einzigen wahrhaft klopp-ähnlichen Übungsleiters der Liga ausgelöst wurde. "Wir haben nicht das Gefühl, mit jemandem im Wettstreit zu stehen", sagte Jürgen Klopp nach verbalem Störfeuer aus den beiden Dortmunder Lieblingsmetropolen München und Gelsenkirchen. Gefühlt spielt der BVB also außer Konkurrenz. Tatasächlich übrigens auch. Aber das nur am Rande. 


Mit einem Heimsieg vor überraschend mal wieder 80.000 Zuschauern eröffnet übrigens der deutsche Meister den Spieltag. Kurz und ebenso schmerz- wie humorlos kantert die schwarz-gelbe Rasselbande den tabellarisch erstarkten VfB Stuttgart aus dem größten Stadion der Republik. Unter Flutlicht, am Freitagabend zur Futsal-Kick-Off-Zeit von 20Uhr30. BVB - VfB 3:2 


Wenn der ruhmreiche Club gegen den ruhmreichen FC Bayern München antritt, dann spricht man in Franken von Derby. In Bayern auch. Und im Rest der Republik ist es halt ein weiteres Fußballspiel zur Bundesliga-Anstoßzeit am Samstag um 15Uhr30. Den Clubberern, die sich mit zwei 'b' schreiben, aber mit zumindest vier 'b' sprechen, geht die Düse. Nach drei Siegen in Folge war in Nürnberg alles wunderbar. Nach drei Niederlagen in Folge ist alles schlimm, schlimm, schlimm. Nürnberg am Abgrund, vier Punkte bis zur Relegation, fünf bis zum Abstieg. Gottseidank handelt es sich um einen komplett druckfreien Spieltag ohne Wettbewerbszwang. 


Beim FC Bayern war nach verdaddeltem Rückrundenstart alles schlimm, schlimm, schlimm. Jetzt ist alles wunderbar. Mia spricht längst wieder vom Triple. Manch einer macht dabei sogar den natürlichen Feind des Bayern-Gens aus: Demut (Süddeutsche Zeitung). Wenn Uli Hoeneß, Karl-Heinz Rummenigge und Christian Nerlinger allerdings das Stichwort 'Demut' hören, denken sie immer noch an den ehemaligen Kicker des FC St. Pauli. Der Club spielt ohne Druck super, die Bayern nicht. FCN - FCB 1:4 


Beim HSV haben sie alles richtig gemacht. Die Verlierer-Trainer Veh und Oenning rausgeworfen, den Gewinner-Trainer mit klopp-ähnlichen Stutzen eingewechselt. Seitdem läuft es beim Gründungsmitglied der Liga endlich wieder. Die Abstiegsränge sind passè, jetzt logiert der HSV auf dem Relegationsplatz. Berlin (ein Punkt Rückstand) kann Hamburg nur noch mit dem Feldstecher ausmachen. Die letzte Niederlage beim rumpelnden VW-Werksteam, wurde als "hervorragend" (Fink) belobigt, zwei trainingsfreie Tage hatten sich die wackeren Kicker von der Waterkant dann auch redlich verdient. Jetzt geht es zum einstmals gefürchteten Betzenberg. Dort hat man ebenfalls mit großem Erfolg den Übungsleiter gewechselt. Die Mannschaft ist gestärkt aus diesem Mentalbad hervorgegangen, wie die letzte 0:2-Niederlage beim Mitkonkurrenten Freiburg eindrucksvoll zeigte. Nun also ohne Druck ins nächste Sechspunktespiel. Feine Sache. Denn auch hier verlieren die weinroten Teufelchen wieder nur lausige drei Punkte. FCK - HSV 0:1 


In Bremen herrscht Ruhe. Kein Wettbewerb, kein Druck - nur Thomas Schaaf. Und Klaus Allofs. Das war so. Das ist so. Das bleibt so. Für den SV Werder ist ein druckloser Spieltag außerhalb der üblen Wettbewerbswirren Alltag. Die Rautenträger dürfen übrigens wieder mit Claudio Pizarro spielen. Könnte was bringen, den einzigen nennenswerten Toreerzieler des Kaders auflaufen zu lassen. Apropos: Andersrum wird auch ein Schuh draus. Pizarro ließ die Bestrebungen des Vereins, den Vertrag zu verlängern, ebenfalls auflaufen und kündigte seinen Vertrag zum Saisonende. Die Frist läuft Samstag um 0.00 Uhr ab. Das Bundesligaspiel gegen Mainz 05 um 17.17 Uhr. SVW - FSV 3:1


Die Wahl zur "Enttäuschung der Saison" hat der TSV Bayer 04 Leverkusen längst erfolgreich absolviert. Doch nicht genug: Auch den Titel für den "Konzeptlosesten Konzept-Trainer" konnte der Titelhamster vom Rhein mit deutlichem Vorsprung vor Hamburg und Mainz einkassieren. Läuft rund unter dem Bayer-Kreuz, das Robin Dutt voraussichtlich nicht mehr allzu lange tragen muss. Im Heimspiel gegen seinen Ex-Klub aus dem Sherwood Forest wird der Kölner Trainer der Liga aber noch einmal zeigen dürfen, was er drauf hat. Sagen wir mal, einen sehr guten Kader nochmals an die Grenze seiner Nicht-Belastbarkeit führen. Freiburg ist übrigens gut drauf. Ohne Druck erst recht. Bayer - SCF 2:4


In Augsburg herrscht Freude. Das Fernsehen will die ollen Konserven aus der Puppenkiste wiederholen. Toll. Und der 1.FC Köln kommt im drucklosesten Spiel des Jahres in die Retortenarena. Der Aufsteiger (27 Punkte) liegt seit 882 Tagen nicht mehr auf einem Abstiegsplatz, der Karnevalsverein vom Rhein (28 Punkte) noch einen ganzen Tag lang nicht. FCA - FCK 2:0


Was machen eigentlich die Jungs aus Unterföhring so ganz ohne Druck? Sie hauen einen richtigen Kracher als Topspiel am Samstagabend zur Federball-Aufschlagzeit um 18Uhr30 raus: Hertha BSC empfängt den VfL Wolfsburg. Rehhagel gegen Magath. Hauptstadt gegen VW. Viel mehr geht nicht. Aber was machen Rehhagel und Magath eigentlich, wenn ihnen die einzige Trainerlist (Druck) genommen wird? Hm. Gähnen? Hertha - VW 0:0


Am Sonntag zur Amateuroberliga-Anstoßzeit um 15Uhr30 will der ehemalige Europapokalteilnehmer Hannover 96 den Abstand auf seinen direkten Konkurrenten Borussia Mönchengladbach im Kampf um Platz 4 verkürzen. Mit einem Dreier. Auf dann zehn Punkte. Aber, wie soll das gehen, außerhalb des Wettbewerbs? So ganz ohne Druck? Die Fohlen hatten nun gefühlte 55 Spiele am Stück Druck. Und hielten gefühlte 50 Mal stand. Aber so ganz ohne? Was kann dabei schon rauskommen? Vielleicht ein ganz feines Fußballspiel auf europäischem Niveau. 96 - Borussia 2:2


Der ruhmreiche FC Schalke 04 (die Älteren werden sich erinnern) reist am Sonntag zur Blitzschach-Anfangszeit um 18Uhr30 in die Höhle des Löwen. Bei der traditionsreichen TSG 1899 Hoffenheim (niemand wird sich erinnern) wachsen links und rechts die Reben. Aber die führen längst keine Trauben mehr.Was soll da also hoch hängen? Schalke höchstwahrscheinlich mit Mario Grevelhörster im Tor. Der ist 17 und spielt eigentlich für die B-Jugend der knappen Knappen, die ja heute längst U17 heißt. Geht aber nicht anders. Denn mit dem Schober im Tor wollen die Königsblauen seit 2001 eigentlich nix mehr zu tun haben. Verständlich: Auf der Bank kann der ja schließlich keinen Rückpass aufnehmen. Hoffe hofft auf einen Sieg. Naja, selbst wenn die Hoffnung bekanntlich immer erst recht spät den Löffel abgibt, steht zumindest eins fest - sterben müssen wir alle, garantiert. 1899 - S04 0:4

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