Donnerstag, 17. Oktober 2013

Chuzpe in spe

(teo) Vor dem 9. Spieltag ist das Feld der Fußball-Bundesliga weiter geschrumpft. Nach dem Dafürhalten vieler Journalisten gibt es jetzt nur noch fünfzehn Mannschaften, die hinter den drei Großen aus der Champagnerliga diese spannende 1b-Meisterschaft unter sich austragen. Gladbach ist dort momentan Spitzenreiter und führt die Tabelle als Vierter hinter dem zuletzt seltsam sieglosen Spitzentrio an. Aber wieso Gladbach? Das wissen die Fohlen selbst nicht. Sind ja nur drei Punkte bis Platz 12. Und nun? Ahnungslosigkeit allerorten.


Schön wär's.

(Foto (c): Thomas Ottensmann)

In Leverkusen wissen sie bis heute nicht so ganz genau, warum es gegen die Bayern im Heimspiel nicht so richtig Haue gegeben hat. 1:1 - dieses Ergebnis war für Leverkusen so unerreichbar wie für Gladbach ein 2:0 gegen Dortmund. Aber das alles ficht Bayer 04 nicht an. Punktgleich mit dem BVB nur einen Punkt hinter den Bayern, das sieht gut aus. Beim Auswärtsspiel in Hoffenheim könnten Tore fallen. Die TSG hat ja nach acht Spielen dieses wunderbare Torverhältnis von 20:20. Werden also fünf. 1899 - Bayer 04 2:3

In Dortmund wissen sie bis heute nicht so ganz genau, wie man in Gladbach trotz 112 Prozent Ballbesitz und 4436 angekommenen Pässen verlieren konnte. 2:0, dieses Ergebnis war für Gladbach so unerreichbar wie für Mario Götze ein Stammplatz bei den Bayern. Aber den BVB ficht das letztlich nicht an. Die Bayern haben ja nur einen Punkt Vorsprung und Platz 2 entspricht zudem so ziemlich genau dem eigenen Saisonziel. Im Heimspiel gegen Hannover 96 will sich der BVB nun den Frust aus den Leibchen spielen. Was in einem Heimspiel gegen Hannover 96 in der Regel ganz gut funktioniert. Ist für Hannover ja ein Auswärtsspiel. BVB - 96 4:0

In München wissen sie bis heute nicht so ganz genau, warum man in Leverkusen trotz 186 Prozent Ballbesitz und 7211 angekommenen Pässen nicht gewinnen konnte. Knallharte Recherchen unserer Redaktion haben ergeben: Es muss am Gegentor gelegen haben. Im Heimspiel gegen Mainz wollen sich die Bayern nun mal wieder den Frust aus den Leibchen schießen. Was zur Zeit gegen Mainz ganz gut funktioniert. Weil Mainz nicht ganz so gut funktioniert. FC Bayern - Mainz 05 2:0

In Bremen wissen sie derzeit nicht so ganz genau, wie es so weit kommen konnte. Elf Punkte, Platz 9, punktgleich mit Schalke, also quasi auf Champagnerliga-Niveau. Werder will im Heimspiel gegen Freiburg am liebsten dreifach punkten. Freiburg möchte das auch, denn das hat bislang in der Liga ja überhaupt noch nicht geklappt. Robin Dutt gegen seinen Ex-Klub, aber das hat nix zu sagen. Geht ja auch nur um drei Punkte. Und drei Euro fürs Phrasenschwein. Werder - SCF 1:2

In Braunschweig wissen sie bis heute nicht so genau, wie ihnen in Wolfsburg geschah. Nach dem Überraschungscoup hätten sie aber am liebsten durchgespielt. Erster Derbysieg seit Menschengedenken, erster Bundesligasieg seit 28 Jahren. Jetzt geht es im Heimspiel gegen Schalke nur noch darum, endlich die rote Laterne loszuwerden. Auf Schalke weiß man derweil gar nicht, wie es dazu kommen konnte, dass Journalisten derzeit nur noch von drei Großen reden. Und sich die Knappen in das unübersichtliche 15er-Feld einreihen müssen. Investigatives Nachfassen hat ergeben, dass es daran liegen könnte, dass Schalke nur elf Punkte aus acht Spielen holte. Und damit stramm auf Werder-Bremen-Niveau liegt. Aber das ist nur eine erste Hochrechnung. Eintracht B - Schalke 0:1

In Frankfurt wissen sie bis heute nicht so ganz genau, warum nicht jedes Ligaspiel ein bisschen mehr Europacupflair hat. Denn da läuft es prächtig, da schwappt die Euphorie durch den Fanblock. In der Liga hat sich Frankfurt als Dreizehnter derweil auf VfL-Wolfsburg-Niveau eingependelt, was unterm Strich für beide Teams gleich enttäuschend ist. Im Heimspiel gegen Nürnberg will die Eintracht nun einfach mal im Fantaliga-Modus auflaufen. Roger Prinzen gefällt das nicht. Eintracht F - Nürnberg 3:1

In Gladbach wissen sie bis heute nicht so ganz genau, wie man dieses ungewinnbare Spiel gegen den BVB gewinnen konnte. Nun reist der Tabellenführer der Resterampe mit stolz geschwellter Brust (Hallo, Claus Lufen!) nach Berlin. Wo es zu so zahlreichen Wiedersehen kommt, das hier der Platz fehlt. Nur soviel: Lucien Favre ist gerührt, Jos Luhukay geschüttelt. Ronny und Raffael herzen sich brüderlich. Ab 18Uhr30 will Borussia Mönchengladbach also auch im zweiten Auswärtsspiel hintereinander ungeschlagen bleiben. Was für eine Chuzpe! Hertha - Borussia 2:2

In Hamburg wissen sie seit geraumer Zeit nicht mehr, wie es eigentlich so weit kommen konnte. 50 Jahre Bundesliga, aber trotzdem keine Wildcard für den Europacup? Die Fußballwelt ist ungerecht. Wenn der VfB Stuttgart am Sonntag um 15Uhr30 anreist, dann geht es für den HSV um den Anschluss an die Spitzengruppe. Also an die Spitzengruppe der Restliga. Es hat noch nie geschadet, sich anspruchsvolle Ziele zu setzen. HSV - VfB 0:3

In Wolfsburg wissen sie seit der Meisterschaft 2009 nicht mehr, wohin es überhaupt noch gehen kann. Na klar, Europacup möchte man schon spielen, um mit den Firmenwagen preisgünstig ins Fernsehen zu kommen. Aber ob mit oder ohne Diego und mit und oder ohne übertriebene Gehaltszahlungen, das steht noch in den Sternen. Der FC Augsburg ist ganz froh, sich mit solchen Sorgen gar nicht herumschlagen zu müssen. Die bayrischen Schwaben haben sich derzeit auf Mainz-05-Niveau eingependelt, was ebenso erstaunlich wie verdient ist. Da kann man auch schon mal eine Europapokal-Mannschaft in spe schlagen. FCA - VfL 2:1

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